Echo am Donnerstag, den 22.10.2020 von Gerhard Grünewald

Corona lässt den Karneval ausfallen

Bei den großen Fastnachtsvereinen der Region steht die Absage des Sitzungs- und Straßen-Programms 2021 fest

ODENWALDKREIS . Mit Blick auf die Kampagne 2020/2021 bleibt den Karnevalisten im Odenwaldkreis ihr „Helau“ sprichwörtlich im Hals stecken. Denn wo sich das neue Coronavirus wieder so ausbreitet, wie es das im Moment tut, lässt es offenbar über Monate hinaus keinen Platz für Laute der Heiterkeit. Die Fastnachts-Vereine landauf, landab jedenfalls reagieren in diesen Tagen auf die veränderte Infektionslage mit der endgültigen Absage ihrer Veranstaltungen zu den tollen Tagen 2021.

Bei einer stichprobenhaften Nachfrage haben fünf große Karnevalvereine der Region den Verzicht auf ihr Saal- und Straßenprogramm 2021 erklärt. Daraus lässt sich mit weitgehender Sicherheit darauf schließen, dass närrische Veranstaltungen größeren Stils im Odenwaldkreis nicht stattfinden werden. Fastnacht im engeren Sinne wäre im nächsten Jahr vom Schmutzigen Donnerstag mit der Weiberfastnacht am 11. Februar bis zum Faschingsdienstag, 16. Februar, gewesen.

Gewesen? „Die Fastnacht kann gar nicht ausfallen“, widerspricht der Vorsitzende der Carneval-Gesellschaft Beerfelden , Dennis Hemberger, „die steht im Kalender und gehört ebenso fest in den Jahreslauf wie Weihnachten oder Neujahr“. Streichen könne man damit allein die Programme, wie dies nun auch geschehen sei. „Was aber schlimm genug ist“, wie Hemberger weiter ausführt. Denn wenn der Anlass nicht per Aktivität mit Leben gefüllt werden könne, dann drohe er zur leeren Hülle zu degenerieren, die niemandem mehr etwas bedeute. „So weit wollen wir es nicht kommen lassen“. gibt sich der Beerfelder Narren-Präsident entschlossen.

Wie Hemberger erklärt, seien in Absprache mit dem Ordnungsamt zwar nun alle Präsenzfeste mit externem Publikum annulliert worden. Der Kampagne aber wolle die Carneval-Gesellschaft auf jeden Fall Bestand geben. „Die Fahne kommt an ihren Platz in der Alten Turnhalle, wo sie sonst die Saison-Höhepunkte begleitet.“ Und im großen Saal dieses Lokals seien auch den jeweiligen Regeln entsprechende interne Treffs angedacht, „zu denen gegebenfalls aber eiserne Disziplin angesagt ist“, wie Hemberger versichert.

Mit Blick auf die Wahrung der Tradition sei auch der Orden geschaffen und produziert worden. Der solle nun allen ein Stück Trost und Ansporn geben, die oft weit über die Saison vom 11.11. bis zum Fastnachtsdienstag hinaus übten und trainierten. „Da versteht es sich, das wir die Kampagne auch eröffnen werden – im Freien und mit Abstand, wozu uns unser Vereinsheim mit großer Freifläche zum Glück Gelegenheit gibt“, erklärt Hemberger weiter.

Für den Carneval-Club Blau-Gelb Höchst bestätigt Vorsitzender Frank Wiesner die Absage aller Sitzungen und Außenveranstaltungen. „Die Segel völlig streichen wollen und dürfen wir deshalb aber noch lange nicht“, sagt der engagierte Fastnachter. Gerade die Ballettmädchen und -damen, die das ganze Jahr über trainierten, müssten das Eingeübte auch zeigen können. Und auch die für Reden gesammelten Pointen gehörten unter die Leute. „Wir denken deshalb an so etwas wie ein Streamingprogramm, bei dem die Akteure mit räumlichem und zeitlichem Sicherheitsabstand am Original-Schauplatz auftreten und dabei ins Internet übertragen werden“, sagt Wiesner. „Für die dabei zwangsläufig entstehenden Pausen lassen wir uns dann noch ein paar attraktive Füller einfallen, sodass die Zuschauer und -hörer auch bei der Stange bleiben.“

Für noch wichtiger als die Motivation der Aktiven hält Wiesner indes die Präsenz des Karnevals in der Öffentlichkeit, „damit sich die Leute diesen schönen Brauch nicht abgewöhnen“. Der Verein werde sich deshalb für das Ortsgebiet einige Zeichen und Aktionen einfallen lassen. „Eine Idee ist, auf Wunsch von Kindern und Eltern mit unserem geschmückten Prinzenpaar-Cabrio im Karnevals-Outfit bei Familien, Kindergärten oder Schulen vorzufahren und dort Bonbons zu werfen“, gibt Wiesner die Richtung seiner Überlegungen preis.

Für den Carneval-Verein Ulk Erbach bestätigt Präsident Hansjürgen Kolmer das Aus von Saal- und Straßenprogramm, das so beliebte Formate wie die Weiber- oder die Lorbsersitzung enthält. „Eine Versammlung von Menschen wäre einfach nicht zu verantworten und im Übrigen angesichts der absehbaren Auflagen auch nicht das, worunter wir Karneval verstehen“, sagt der Vorsitzende. „Was unter diesen Vorzeichen im Kleinen möglich ist, werden wir jeweils kurzfristig entscheiden und uns dabei eng an die Konzepte unserer Vorbilder und Freunde in Mainz anlehnen“, führt Kolmer weiter aus. An Bedeutung gewinne unter den aktuellen Umständen das Programmheft für die Kampagne, das deshalb nicht nur gedruckt, sondern auch mit einem neuartigen Element ausgestattet worden sei. „Wer sich die Broschüre besorgt, findet dort neben Texten und Bildern zum Karneval auch QR-Codes, die zu Bildern und Filmen von unseren Aktiven und Programmen führen“, erklärt Kolmer.

Zudem hält er sich im Sinne der Traditions-Sicherung das Setzen zweier Zeichen offen: die Eröffnung der Kampagne mit geladenen Gästen und den Neujahrsempfang mit Verleihung des renommierten Ordens „Lachender Lorbser“ an einen überregionalen Prominenten, der sich um den Humor verdient macht.

ERKLÄRUNG VON NARRHALLA & CO.

Den Blick auf die laufende Absagewelle im Odenwälder Karneval 2020/2021 eröffnet hat eine gemeinsame öffentliche Erklärung des Karneval-Vereins Narrhalla Michelstadt und des Carneval-Clubs Rot-Weiß Steinbach , der den Status kleinerer Nachbarvereine einschließt. Heike Rauch hat sie in folgendem Wortlaut übermittelt:

Nachdem bei der Erdbachgarde Stockheim, beim Karnevalsverein Hiltersklinger Ulker, bei den Landfrauen Würzberg und beim TSV Bullau mit der Fortunagarde bereits Ende August die Bunten Abende abgesagt wurden, haben die Vorstände des Karnevalverein Michelstadt und des Carneval-Club Rot-Weiss Steinbach jetzt auch entsprechende Entscheidungen gefällt.

Für beide Vereine ist klar, dass aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie in der Kampagne 2020/21 keine öffentlichen Veranstaltungen durchgeführt werden können.

Da man die Fastnacht aber – wie Weihnachten und Ostern auch – nicht einfach absagen kann, gibt es selbstverständlich bereits einige Ideen, wie das Vereinsleben aufrechterhalten werden kann. Und auch in der Öffentlichkeit soll zumindest für ein bisschen „Fastnachts-Atmosphäre“ gesorgt werden. Man darf also gespannt sein, was sich die kreativen Köpfe der Vereine alles einfallen lassen.

Die Vereine bedanken sich bei ihren Unterstützern und hoffen, dass man in der Kampagne 2021/22 wieder gemeinsam Fastnacht feiern kann.

Scroll to Top